Ranthambore und Bandhavargh Nationalpark - auf Tigerjagd (mit der Kamera)
Jetzt wird es kompliziert. Waren alle meine Reiseziele doch mehr oder weniger populär und einfach zu erreichen, geht es jetzt weiter in das Landesinnere. Ich will zwei Nationalparks besuchen, welche ein wenig abseits der gängigen Reiseroute liegen, in der Hoffnung, einen Tiger zu erspähen.
Der Ranthambore Nationalpark ist noch relativ einfach zu erreichen, nach 7 Stunden Fahrtzeit komme ich an. Im Städtchen sehe ich die ersten Tiere - Wildschweine streifen durch die Stadt und durchstöbern den Müll am Straßenrand. An den folgenden Tagen gehe ich auf Safari. Ich sehe eine fantastische Landschaft, Hirsche, Rehe, Krokodile, Vögel, eine Wildkatze und einen Schakal. Ein Tiger lässt sich aber nicht blicken. Das wurmt mich, leider ist das gestreifte Tier in dem hohen Gras stets bestens getarnt. Aber ich lasse mich nicht entmutigen, ich habe noch eine Chance im Bandhavargh Nationalpark.
Die nächste Reise ist etwas länger und anstrengender, 24 Stunden soll sie dauern. Zudem muss ich umsteigen und vier Stunden auf dem Bahnsteig verharren. Klingt nervig, ist bei dem Unterhaltungsprogramm aber zu ertragen. Vor mir eine Millionen Menschen, hinter mir eine Millionen Menschen, die auch warten. Mal sitzend, schlafend, essend oder lärmend. Alles ist dabei. Die futternde Gemeinschaft wirft nach dem Mahl gekonnt und routiniert Essens- und Plastikreste auf die Gleise. Wo sollen sie auch sonst damit hin, Mülleimer gibt es nicht und der Bahnsteig ist voller Menschen. Im Gleisbett kommen nun die Ratten zum Zuge und holen sich ihren Anteil, dann steigt jemand herab und sammelt Plastikflaschen ein. Wahrscheinlich kriegt er dafür irgendwo eine Rupie pro Kilo angerechnet. Oben kommen zwei Kühe vorbei und betteln (ja, Kühe können betteln) um Leckereien. Die essende Bevölkerung will nicht teilen und ist der heiligen Kuh daraufhin nicht sonderlich freundlich gesonnen, sondern reagiert mit gewalttätiger Ablehnung. Zwischen mir und meinem Banknachbarn hat sich noch jemand ohne Frage oder Rücksicht dazwischengequetscht. Langsam wird es doch nervig, aber ich bleibe ruhig und rücke weiter. Überall huschen Leute über die Bahngleise um auf einen anderen Bahnsteig zu gelang. Ist ein Zug im Weg, wird einfach dazwischen durchgeklettert. Dann muss ich die Toilette aufsuchen, nach 20minütiger Suche habe ich sie gefunden. Ich ahne schlimmes. Dann heißt es einatmen, Luft anhalten, reingehen, so wenig wie möglich anfassen, machen, rausgehen, weiteratmen und im Laufe des Tages bloß nichts essen, um später nicht noch größere Geschäfte verrichten zu müssen. Zum Glück funktioniert der Wasserhahn und ich habe in weiser Vorsorge ausreichend Reinigungsgel aus Deutschland mitgebracht, eine tolle Erfindung. Dann kommt mein Anschlußzug.
Ich komme um 5:24 Uhr an, ich habe eine Abholung organisiert. Au mann, die ziehen hier ganz schöne Preise auf. Es sind 30 Kilometer bis ins Hotel, 6:05 Uhr sind wir da, 15 Minuten später beginnt die erste Safari. Da ich nur einen Tag hier habe, muss ich dabei sein. Wieder werden Mondpreise verlangt. Scheiße, aber ich habe keine andere Wahl. Los geht’s. Es ist bitter kalt hier, bestimmt nur knapp über Null Grad Celsius. Ich sehe zwei Kinder, die sich an einem kleinen Feuer wärmen und kaum Kleidung haben. Scheiße, wie schrecklich. Ich zahle hier einen Haufen Geld für eine Safari und die Kinder haben nichts anzuziehen. Ich gebe ihnen ein paar Kekse und Schokoriegel, die ich mir als Frühstück eingepackt hatte. Aber das hilft natürlich nicht. Au Mann, das ist ein krasser Moment.
Dann geht die Safari los. Wir finden Tigerspuren, frisches Ah ah und hören Warnrufe anderer Tiere (Vögel und Wild geben warnende Laute für die Eidgenossen von sich, wenn der Tiger in der Nähe ist). Wir müssen ganz in der Nähe sein, geben vier Stunden lang alles, haben aber wieder kein Glück. Langsam wird es frustrierend. Eine letzte Chance am Nachmittag gibt es aber noch. Gleich am Anfang finden wir wieder eine Tatzenabdruck der Großkatze. Ich denke mir, ich will keinen Tatzenabdruck mehr sehen, ich will die dazugehörige Tatze sehen! Dann sehen wir erneut Rehe. Ich sage mir, ich fotografiere erst wieder Rehe, wenn sich diese als Beute im Maul des Tigers befinden. Auch diese Safari geht zu Ende, wieder kein Glück gehabt. Das war es dann, das muss ich erstmal alles verdauen.





